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Eckard Holler: Peter Rohland – Volksliedsänger zwischen bündischer Jugend und deutschem Folkrevival

Aus: Reihe puls, Heft 24, Stuttgart 2005, Verlag der Jugendbewegung, ISSN 0342-3328, Best. Nr. 684, 64 Seiten, 8,50 Euro. Erhältlich im Shop des Verlags.

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Vorwort

von Klaus-Peter Möller (molo)

Dieses Heft von puls, einer Dokumentationsschrift der Jugendbewegung, ist einem Musikanten gewidmet, dessen Biographie zugleich als Bericht über eine interessante Entwicklungslinie in der jugendbündischen Szene der Jahrzehnte nach 1945 zu lesen ist – von der Tradition der Jungenschaft zur Entdeckung kultureller Güter, die nicht dem üblichen Bestand der deutschen Jugendbewegung entstammten. In den Waldeck-Festivals der 1960er Jahre fand dies Ausdruck, weit über bündische Gruppen hinausreichend.

Peter Rohland ist fast vierzig Jahre nach seinem Tod immer noch erstaunlich präsent. Seine Platten werden nach wie vor von Liebhabern gekauft und gehört, der Waldecker Singewettstreit unter seinem Namen geht ins sechste Jahr. Und in den Medien wird er, wenn das Thema Liedermacher und Folkmusik angesprochen wird, als einer der Väter der deutschen Szene genannt oder zitiert. Selten, aber immerhin, hört man auch seine Stimme noch aus einem Sender.

Seine Leistungen und sein Wirken werden hier von Eckard Holler vorgestellt. Was aber fällt einem zum Menschen Peter Rohland nach so langer Zeit noch ein?

Natürlich hat man vor allem seine volle Bass-Bariton-Stimme im Ohr. Wer ihn näher kannte, verbindet mit dieser Stimme nicht nur die Erinnerung an seine Lieder und Auftritte. Die Stimme strahlte etwas von seiner Persönlichkeit aus. Sie war bar jeder Aggressivität. Sie signalisierte Wärme, Offenheit und einen lebensbejahenden Optimismus.

Peter Rohland war ein überaus sensibler Mensch, der auf Vertrauen angewiesen war. Deshalb hielt er an alten Freundschaften fest, auch wenn sie ihm vielleicht aktuell nicht mehr sehr nützlich waren. Dies war einer der Gründe, warum die Burg Waldeck mit ihrem menschlichen Beziehungsgeflecht für ihn so wichtig war. Dort hatte er einen Ruhe- und Rückzugspunkt, in dem die üblichen Konkurrenz- und Marktmechanismen der Gesellschaft etwas in den Hintergrund traten und zwischenmenschliche Zuneigung und Verlässlichkeit einen hohen Stellenwert hatten.

Peter Rohland war durchaus offen für neue Kontakte, tastete sich an Menschen aber eher langsam heran. Offen war er für viele Themen, obwohl er auf den ersten Blick introvertiert, auf seine Kunst bezogen, wirkte. Die Auswahl seiner Liederzyklen weist auf sein umfassendes zeitgeschichtlich-politisches Interesse hin. Aus seiner Zeit als Führer einer Jugendgruppe ist verbürgt, dass ihn etwa der Aufstand der Ungarn 1956 gegen das stalinistische System in ihrem Land ungemein beschäftigte und dass er die Ereignisse in seiner Gruppe zu einem zentralen Thema machte.

Seine Arbeit verfolgte er ernsthaft und zielstrebig. Kompromisse mochte er dabei nicht eingehen. Er konnte aber auch locker und verspielt sein. Bei einem Besuch in einem Jugendlager des Berliner Senats in Franken, wo er als Betreuer eingesetzt war, überraschte er alte Freunde durch seine erstaunlichen Fertigkeiten beim Tischfußball. Die hatte er in ausgedehnten Wettkämpfen mit den Jugendlichen erworben.

Im Freundeskreis war sein Erkennungszeichen ein tiefes, frohes Lachen, das eine Unfähigkeit sich zu verstellen und elementare Lebenslust ausdrückte.


Peter Rohland – Versuch eines Portraits

von Eckard Holler

Von seinen Freunden wird Peter Rohland als bescheiden, bedürfnislos und bar jeder Starallüren geschildert, als ein Mensch, mit dem man nächtelange Gespräche führen konnte, der an alten Freundschaften festhielt und am inneren Wert eines Menschen mehr interessiert war als an seinen äußeren Erfolgen.

Wer ihn gekannt hat, erinnert sich gern an sein tiefes, durchdringendes Lachen, mit dem er die schlechte Realität einfach weglachen konnte. Mit den Widrigkeiten des Daseins gab er sich nicht gern ab, die Bürokratie war ihm verhasst und von Behörden befürchtete er stets das Schlimmste. Auch hatte er immer wieder seine kleinen Konflikte mit ihnen, nicht zuletzt im Ausland. Auf seinen Fahrten wurde er mehrfach verhaftet: 1954 wegen des Versuchs, illegal die Grenze nach Kuweit zu überschreiten, und in den späten 50er Jahren bei einer Jugoslawienfahrt wegen eines Schmuggelverdachts. Erst durch einen Brief an Staatschef Tito kam er wieder frei.

Die Bedürfnislosigkeit zeigte sich in seinem Lebensstil. Als Auto genügte ihm, nachdem er mit 28 Jahren den Führerschein gemacht hatte, ein verbeulter Wehrmachtskübelwagen, den er vom Schrottplatz geholt hatte und immer wieder notdürftig reparierte. Mit diesem Gefährt ging er auf Tournee und schlief dabei, in einen griechischen Schaffellmantel gehüllt, irgendwo auf dem Fußboden. Für seine Auftritte wünschte er sich von seiner Mutter als Weihnachtsgeschenk einen schwarzen Pullover, bei dem ihm nur wichtig war, dass „er nicht ausleiert“. Im letzten überlieferten Gespräch vor seinem Tod äußerte er, falls er einmal nicht mehr singen könne, wolle er als „Leierkastenmann durch die Welt ziehen“.

Für seine Eltern war er das, was man ein „Sorgenkind“ nennt. Der sensible Schüler hatte schon in der Grundschule in Stuttgart Probleme, und zwar mit dem Schwäbisch seiner Mitschüler. Aus dem Walter-Flex-Internat in Freudenstadt musste er wegen seines Heimwehs zurückgeholt werden. Am Gymnasium galt er als einseitig begabt, hatte in Deutsch und Geschichte die Note eins, aber Probleme mit dem Fach Mathematik (und Sport) und wäre fast durch das Abitur gefallen, weil er im Mathe-Abitur ein leeres Blatt abgegeben und dafür die Note sechs erhalten hatte.

Die Sorgen der Eltern setzten sich nach dem Abitur fort. Denn Peter Rohland hatte zwar einen großen Freiheits- und Selbständigkeitsdrang, aber kein Interesse an einem bürgerlichen Beruf. Zunächst ging er für acht Monate auf eine „Selbstfindungsfahrt“ nach Griechenland und in den Vorderen Orient, kam verspätet zurück und musste von seiner Mutter zum Jura-Studium an der Uni Tübingen eingeschrieben werden. Wie wenig ihm am Studium lag, zeigte sich daran, dass er es mit der Heimkehr aus dem Orient zum Wintersemester 54/55 in Tübingen überhaupt nicht eilig hatte, sondern zur Verärgerung seiner Mutter, die ihm schon besorgte Briefe in den Orient geschrieben hatte, erst einmal auf die Waldeck fuhr, das Programm „Steppen, Staub und Zaubernächte“ produzierte und das philosophische Gespräch mit dem AltNerother nauke [1] suchte, dem er von den Stationen seiner Orientfahrt lange Briefe geschrieben hatte.

Das Jura-Studium brach er nach drei Semestern mit dem ihn charakterisierenden Ausspruch gegenüber seiner Mutter ab: „Ich kann nicht vom Streit anderer Leute leben.“ Auch das musikwissenschaftliche Studium, das er an der FU Berlin begonnen hatte, beendete er nach vier weiteren Jahren zum Entsetzen seines Vaters ohne Abschluss. Er beschloss für sich, freier Künstler zu werden, und ließ sich nicht davon stören, dass es den Beruf des Sängers von Chansons, zeitbezogenen Songs und historischen Volksliedern Anfang der 60er Jahre in Deutschland noch nicht gab und er von schlecht bezahlten Gelegenheitsauftritten und Nebenjobs leben musste. Sein Vater schalt ihn deswegen einen „eigenwilligen Bock“. Nur mit größter Skepsis ließ er sich von ihm zu einer professionellen Stimmausbildung überreden, da er insgeheim fürchtete, sein Vater wolle aus ihm doch noch einen Opernsänger machen.

Wissenswert ist, dass Peter Rohlands Vater – im Gegensatz zu seiner Mutter, die selbst im Wandervogel gewesen war – zu allem, was mit „Jungenschaft“ zusammenhing, überhaupt kein Verhältnis hatte. Die Burg Waldeck war für ihn ein Ort, von dem sein Sohn meist krank zurückkam, so dass er sich erst einmal erholen musste, bevor er an der Stimmbildung mit ihm weiterarbeiten konnte. Umgekehrt galt Herbert Rohland, wenn er gelegentlich mit seinem Porsche auf die Waldeck kam, als ein Zerrbild eines „Bürgers“, das alle Vorurteile bestätigte, die man gegenüber Opernpublikum und „bürgerlichem“ Musikgeschmack hatte. Das Singen der Jugendbewegung war für den Vater, der an der Mailänder Oper eine Ausbildung als Opernsänger absolviert hatte, ein Graus. Er konnte nicht verstehen, warum sein stimmlich hochbegabter Sohn, der ein Opernsänger und zweiter Boris Christoff hätte werden können, seine Lieder unbedingt „in jungenhafter (Burg)Manier“ singen wollte und das „schöne Singen“ so verachtete [2] . Er war sich sicher, dass seinem Sohn aufgrund des stimmlichen Talents und der Sicherheit im Auftreten eine Weltkarriere als Opernsänger offen stand und er nur aus Bockigkeit dieses Talent nicht nutzte.

Die bündische Jugend, die in den 50er Jahren neu belebt wurde, zog Peter Rohland mit ihrem musischen und meditativen Milieu an und bot ihm einen adäquaten persönlichen Entfaltungsraum, so dass er schon als Schüler ein anerkannter Jungenführer war, der – wie sich seine Mutter erinnerte – die Jungen anzog und sich für sie verströmte. Mit seinem „unaufdringlichen Wesen“ und seinen musischen Fähigkeiten nahm er in der Schwäbischen Jungenschaft über die Jahre wichtige Positionen als Fahrtenführer und als Singemeister ein. Auch blieb er dem Milieu der Jungenschaft länger als andere verhaftet. In Briefen an seine Mutter betonte er die Bedeutung der Jungenschaft als Gegenwelt gegen die Welt aus fresssüchtigen Bundesbürgern und heuchlerischen CDU-Politikern, für die er in Berlin Weihnachtslieder sang, um sich als Sänger über Wasser zu halten, obwohl er sie als „ekelhafte Menschen“ verachtete [3]. Eine Gegenwelt zur Bundesrepublik des „Wirtschaftswunders“ war für ihn das Griechenland der 50er Jahre mit seiner noch intakten Folklore. Unter seinen Freunden galt er als „hellastrunken“. Er lernte neugriechisch, begann Buzuki zu spielen, und zwar nicht nur für den Hausgebrauch, sondern auch für Bühnenauftritte in den Berliner Kabarett-Theatern. Es faszinierte ihn, dass in Griechenland Schafhirten Flöte spielten und die Dorfbevölkerung auf dem Dorfplatz Reigen tanzte. War das nicht der Beweis, dass die Griechen noch „glücklich“ waren und nicht „entfremdet“ lebten, wie das die kritische Gesellschaftstheorie behauptete, die von seinen Freunden im Berliner SDS vertreten wurde? Ich erinnere mich an Diskussionen, in denen Peter Rohland trotzig an seiner Vorstellung festhielt, dass es Ausnahmen von der „Entfremdung des Menschen“ in der kapitalistischen Industriegesellschaft gebe und dass Griechenland dafür der Beweis sei, und er nahm es in Kauf, dass er dafür von den Anhängern der kritischen Gesellschaftstheorie als Romantiker betrachtet wurde.

Peter Rohland starb, als die politische Bewegung der Studenten bzw. der APO ihren Anfang nahm. Mit seinen Liedern der 48er-Revolution und seinen begleitenden Kommentaren zu ihrer politischen Aktualität erahnte er jedoch bereits Mitte der 60er Jahre die sich anbahnende politische Stimmung der Studenten in Berlin, so dass er – kurz vor seinem Tod – mit einem Mal zum umjubelten politischen Sänger wurde. Es ist bezeichnend, dass er sofort in einen politischen Eklat mit der Berliner CDU verwickelt wurde, den er jedoch mit Spott und Ironie kommentierte. Der Beifall der Berliner Studenten war für ihn eine große Ermutigung und eine späte Genugtuung für die langen Jahre der Erfolglosigkeit. Es war auch der Beweis, dass sich die Unbeirrbarkeit, mit der er seinen Weg verfolgt hatte, gelohnt hatte.

Peter Rohland war es versagt, den verdienten Erfolg seiner Arbeit zu ernten. Doch hatten seine Entdeckung der 48er-Lieder und sein Hinweis auf die vielen unterdrückten demokratischen Volkslieder eine wegweisende Funktion für das „neue Singen“ in den 70er und 80er Jahren, so dass er heute als einer der wesentlichen Begründer des deutschen Folkrevivals genannt wird.

Gleichwohl ist er vielen seiner Freunde nicht als politischer Sänger, sondern als „unser Landstreicher“, wie er liebevoll genannt wurde, in Erinnerung geblieben, gemäß der Rolle des „Landstreichers“, die er 1958 bei der Planwagenfahrt an der Mosel und 1965 als Sänger der „Landstreicherballaden“, seiner einzigen LP zu Lebzeiten, gespielt hat.

Zwischen dem „Landstreicher“ und dem „politischen Sänger“ wechselt das Bild, das von Peter Rohland geblieben ist, je nachdem, aus welcher Perspektive man ihn betrachtet. Beide Bilder haben ihre Wahrheit. Das Landstreicher-Bild betont die Rolle des sozialen Outsiders, der nicht dazugehört und sich mit den Minderheiten und gesellschaftlich Geächteten solidarisiert, während das Bild des politischen Sängers die integrative Bedeutung hervorhebt, die der Sänger hat, der bei politischen Manifestationen den Gefühlen der Menschen einen kollektiven, solidarischen Ausdruck verleiht. In der Vor-68er-Zeit identifizierte sich Peter Rohland mit der Landstreicherrolle, 1965 jedoch, als in Berlin die Studentenbewegung begann, war er der erste politische Sänger, der an der FU Berlin auftrat.

Für die Historiker der Jugendbewegung könnte eine Aufgabe darin bestehen, die Jungenschaft der 50er/60er Jahre und vor allem ihre „Akademien“, „Arbeitskreise“, „Häuser“, „Clubs“ und „Ateliers“ als Orte von Gegenmilieu zu untersuchen. Hier wurden jungen Leuten künstlerische und intellektuelle Entwicklungsmöglichkeiten geboten, die während der konservativ geprägten Restaurationsepoche der Bundesrepublik, der so genannten „Adenauerzeit“, in der Mehrheitsgesellschaft keine Chance auf eine öffentliche Durchsetzung hatten. Das Potential intellektueller Jugend, das sich in diesen Kreisen gesammelt hatte, drängte in den 60er Jahren an die Öffentlichkeit und verband sich mit anderen intellektuellen Aufbruchsbewegungen dieser Zeit. Pläne-Zeitschrift und Pläne-Verlag, Ostermarsch der Atomwaffengegner und nicht zuletzt die Waldeck-Festivals der 60er Jahre sind Beispiele für neuartige Projekte einer Kultur bzw. Politik „von unten“, an denen die Jungenschaftsbewegung einen erheblichen Anteil hatte. Die Doppelrolle von Peter Rohland als maßgebender Ideengeber und Initiator des Waldeck-Festivals und als Singemeister der Jungenschaft ergab sich infolgedessen bruchlos und enthielt nicht den Widerspruch, der von manchen unterstellt wurde, die sich in der 68er-Bewegung von ihrer bündischen Vergangenheit distanzierten.

Eine Erwähnung verdient noch die hochgradig entwickelte Fähigkeit von Peter Rohland, Dinge zu verheimlichen, von denen er nicht wollte, dass sie allgemein bekannt würden, und die Spuren so zu verwischen, dass sie im Nachhinein nur teilweise wieder sichtbar zu machen sind. In nächtelangen Gesprächen über die tiefsinnigsten Dinge ließ er den Gesprächspartner zwar nahe an sich heran, behielt aber immer noch so viel Distanz, dass er seine wohlgehüteten Geheimnisse mit niemandem teilte. Es mag sein, dass er durch die lange Zeit, in der er faktisch ohne Beruf und gesichertes Einkommen war, zu einem beständigen Versteckspiel gezwungen war, so dass es ihm schließlich zur zweiten Natur wurde.

Auf drei dieser Heimlichkeiten sei hingewiesen:

– Peter Rohland wollte in Begleitung von Schobert Schulz beim ersten Waldeck-Festival 1964 das Programm der Landstreicherballaden erstmals der Öffentlichkeit vorstellen. Da Schobert Schulz aber den Festivalauftritt wegen einer Liebschaft kurzfristig absagte, musste die Uraufführung der angekündigten Landstreicherballaden ausfallen. Peter Rohland ließ sich jedoch nichts anmerken, obwohl seine Enttäuschung groß gewesen sein muss, so dass niemandem auffiel, dass die angekündigten Landstreicherballaden gar nicht gesungen wurden.

– Lange Zeit wurde gerätselt, woher Peter Rohland die jiddischen Lieder tatsächlich hatte. Gerne erzählte er die Story von dem jüdischen Ehepaar, das ihn 1962 in Paris gehört und auf die Idee gebracht hatte, ein Programm mit jiddischen Liedern zu machen. Aber nie gab er die weit wichtigere Information preis, dass ihm ein Berliner Freund schon Anfang 1960 aus den USA eine LP von Theodore Bikel mit jiddischen Liedern mitgebracht und er dessen Interpretationen zum Vorbild seines eigenen Programms genommen hatte.

– Allgemein wird angenommen, dass Peter Rohland die 48er Lieder aus der Sammlung von Wolfgang Steinitz entnommen hat bzw. sich von dort inspirieren ließ. Bislang ist jedoch kein Nachweis für diese These erbracht worden, denn Peter Rohland hat nie Wolfgang Steinitz als seine Quelle genannt, sondern hat sich stets auf sein eigenes Archivstudium und auf eigene Quellentexte berufen.

Peter Rohland wirkte als Person eigentümlich unfertig und machte den Eindruck eines groß gewordenen Knaben, der nicht erwachsen werden wollte. Das Knabenhafte haftete ihm an, wenn er – wie er es oft tat – versonnen in sich hineinlächelte. Trotz seines herzhaften Lachens war er in Dingen, die ihm wichtig waren, sehr ernsthaft und argumentierte gern moralisch. So wies er uns einmal zurecht, als wir uns – es muss 1963 oder 1964 in Stupferich bei Karlsruhe gewesen sein – über das kitschige Singen im Wirtshaus lustig machten, wo gerade „Im grünen Wald, da wo die Drossel singt“ angestimmt wurde. Man solle, ermahnte uns Peter Rohland, wenn Menschen im Wirtshaus gemeinsam singen, nicht die Nase rümpfen, sondern ihnen lieber zuhören. Das saß, und der Spott verstummte augenblicklich.

Er war ein Mensch noch in Entwicklung, ein Anreger und Initiator, einer, der am Anfang stand und mit vielen Projekten schwanger ging. Um mit Ernst Bloch zu sprechen, so war er noch nicht aus seinem Ursprung herausgetreten und starb in dem Moment, als seine Karriere hätte beginnen können. So bleibt er in vielem für seine Freunde und auch für den ein Geheimnis, der es unternimmt, seine Biographie zu schreiben.


[1] Kurt Lorenz (nauke, 1893–1991).
[2] Brief von Herbert Rohland an Hilde Aßhoff-Rohland vom 15. April 1961.
[3] Brief von Peter Rohland an seine Mutter (o. D., ca. Dezember 1962).

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