Rückblick: Waldeck trifft Kulturpunkt

Foto: molo

PRS-Benefizkonzert in Krefeld

Unter diesem Motto fand am 9. Oktober 09 auf Initiative von Black und Jacky Jacobi-van Beek in der Friedenskirche zu Krefeld ein Benefizkonzert zugunsten der Peter Rohland Stiftung statt.

Jacky, der von den Pfingstveranstaltungen auf der Waldeck seine Kontakte zu Künstlern weiter pflegt, ist es gelungen, eine ganze Reihe von ihnen für die Idee zu gewinnen. Alle traten ohne Gage auf.

Die Krefelder Musikschule war mit drei Bläsergruppen dabei, das Krefelder Kabarett „Die Krähen“ war vertreten. Die Sparkasse wollte nicht zurückstehen und gab dankenswerter Weise finanzielle Unterstützung.

Pit Klein, den wir von der Waldeckbühne her kennen und schätzen, moderierte den Abend. Wie würde er die Kirchenbühne meistern? Nun, mit seiner eigenen Art von nachdenklichem Humor, mit Witz und Philosophie, eben wie Pit Klein. So teilte er mit: „Aller Anfang ist schwer.“ – widersprach dem aber sogleich mit Fritz Graßhoff: „Aller Anfang ist leicht, schwer ist nur das dicke Ende.“

Vom Krefelder Kabarett „Die Krähen“ eröffnete dessen Gründer, Jochen Butz, das Programm mit Gedanken zum Umgang des Niederrheiners mit Sprache, der für Nichteingeweihte leicht zu Verwirrung führen kann. Manchmal schien ihm Hanns Dieter Hüsch über die Schulter zu blicken. „Immer ist jemand da, der ,So’ sagt, aber das kann viele Bedeutungen haben.“

Schüler der Krefelder Musikschule traten in vier unterschiedlichen Formationen mit Saxophonen und Klarinetten auf. Von Klassik bis zur Westside Story reichte das gekonnt vorgetragene Repertoire. Gerne hätte man ihnen länger zugehört, aber die Regie drängte auf Fortsetzung im Programm.

Die vergessenen Lieder des Jooschen Engelke, der dem Grauen und der Verzweiflung des Zweiten Weltkrieges seine Poesie entgegensetzte, hat sein Sohn Kai dem Vergessen entrissen. Zusammen mit Willi Ennulat und Didi Spatz ließ er die Texte des allzu früh verstorbenen Vaters wieder leben. Ergreifend das a cappella gesungene „Rosen blüh’n im Garten“.

Nicht vergessen sind Jooschens Nachdichtungen montenegrinischer Lieder, die im Turm veröffentlicht wurden und in der Jugendbewegung weitergetragen werden. Das von Jürgen Fiedler – Klonte – mit wunderbarer Gitarrenbegleitung vorgetragene „Geflochtene Schuhe zum Traben“ ist im Turm 3 sogar Kapitelüberschrift.

Eine halbstündige Pause gab uns Gelegenheit, Freunde und Bekannte zu begrüßen, bei Wein oder Bier das Gehörte zu reflektieren.

„Der Black“ eröffnete den zweiten Teil des Programms. Bei ihm wird schon der Soundcheck zur Gaudi. Dann teilt er mit: „Es ist immer ganz furchtbar, wenn man singen muss und die ganzen Freunde sitzen in der ersten Reihe.“ Hätten wir etwa alle nach hinten flüchten sollen? Auch der Termin so kurz nach der Wahl macht ihm zu schaffen, hat er doch einige Politiker und auch die „Bänker“ besonders ins Herz geschlossen. Hintergründig sind die Texte von Pit Klein, die Der Black vertont hat und so schön vorträgt, dass man erst bei genauem Hinhören die Kritik an unserer schönen Welt erkennt. Wundersam auch, was er mit der Gitarre macht: als Cembalo klingt sie im Novemberlied, im Meschugge gibt sie Mississippi-Blues her.

Das Lied vom Kaiser Vespasian sollte man vor unseren Politikern geheim halten, es könnte sie auf Ideen bringen, wo noch Geld zu holen ist. Mit einer Schnurre aus seiner Heimat Ostpreußen und einem wunderschönen Abendlied beendet Der Black seinen Auftritt.

Johanna Zeul, die Frau unter Starkstrom, füllt mit großen Schritten und Sprüngen die Bühne, macht sich und ihre Gitarre zum Schlagzeug und stellt jung und frech ihre Forderungen ans Leben.

Die Melancholie ihrer Texte kommt erst zum Tragen, wenn sie ihre wilden Gitarrenakkorde unterbricht und mit sanfter Stimme haucht „Hier steht dein Schatten und weint.“ Dann geht es wieder furios und wild weiter, das Publikum wird in die Rhythmen einbezogen, will sie nicht gehen lassen. Da singt sie als Zugabe „Sandmann, ich bin so allein“, dass es allen zu Herzen geht.

Nach einer, diesmal kürzeren, Pause übernehmen Klaus Gutjahr und Michael Z die Bühne. Mit dem Virtuosen Klaus Gutjahr kommt das Bandoneon nach langer Reise in seine Geburtsstadt Krefeld zurück. Gut, dass es so lange gereist ist, es hätte sonst nie den Tango erlernt und wir wären um wunderbare Musik ärmer. Michael Z, der Skeptiker mit der Baskenmütze, gibt den Rhythmus dazu, bevor er selbst seine hinterlistigen Bosheiten vorträgt. Es beginnt immer ganz harmlos und führt zum bösen Ende. So im Lied „Die großen Männer“, die umherreisen und Reden halten, was zunächst niemand übel nimmt; aber dann schlägt Michael zu: „…manchmal lassen sie sich wählen, und das nennen sie dann Demokratie.“ Sein Lied „Nur zur Verteidigung“ wird vom Publikum mit Jubel quittiert.

Marili Machado, Kulturbotschafterin Argentiniens, trägt mit großer, wunderbar wandelbarer Stimme die Lieder ihrer Heimat in die Welt. Mit kaum zu zügelndem Temperament stürzt sie sich und ihre Gitarre in die Vielfalt der Musik Lateinamerikas. Die kürzlich verstorbene Mercedes Sosa hätte ihre Freude daran gehabt.

Mitternacht ist vorüber, die vorgesehene Programmzeit um eine Stunde überzogen; aber es war wieder einmal wunderbar. Lange hocken wir noch im Forum zusammen und lassen das gemeinsam Erlebte ausklingen.

Dunja

(aus: KÖPFCHEN 4/2009, Seite 19ff.)